Mit der Einweihung der evangelischen Kirche in Falkenstein 1914 ging ein lang gehegter Wunsch der Gemeinde in Erfüllung. Bürger evangelischen Bekenntnisses hatte es seit der Reformation in ununterbrochener Folge gegeben - durch alle Wechselfälle der Konfessionsgeschichte hindurch. Ein eigenes Gotteshaus jedoch fehlte.
Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts eröffnete sich die Möglichkeit zum Kirchenbau, als Kaiser Wilhelm II 1909 in Falkenstein ein Erholungsheim für seine Gardeoffiziere errichtete und darum den Bau einer evangelischen Kirche durch den kaiserlichen Gnadenfonds förderte. Ihren Platz fand sie in reizvoller Lage am Waldrand gegenüber dem Offizierserholungsheim (heute "Falkenstein Grand").
Architekt war der Herborner Kirchenbaumeister und königliche Baurat Ludwig Hofmann (1862–1933). Von 1904 bis zu seinem Tod war er Kirchenbaumeister der Evangelischen Landeskirche in Nassau. Er plante und baute rund 60 Kirchen und zahlreiche öffentliche Gebäude und Wohnhäuser.
Der Stil der Martin-Luther-Kirche Falkenstein vereinigt Elemente der Romanik und des Jugendstils mit „heimatlichen“ Details. Die Fassade besteht aus ortstypischem graugrünen Mammolshainer Bruchstein, Fenster- und Türgewände und Gesimse aus Basalt. Der Vorbau trägt den Dachreiter, rückwärtig sind Sakristei und eine Kaiserloge angebaut. Besonders reizvolle Details sind die Puttenkapitelle am Vorbau von der Kronberger Bildhauerin Hedwig Ostertag (1877–1945).
Ein hölzernes Tonnengewölbe, teils farbig gefaßt, und die Altarretabel von Ferdinand Brütt, einem Mitglied der Kronberger Malerkolonie, prägen den Kirchenraum. Passend dazu sind Eingang, Altarraum, Emporenöffnungen und Orgelprospekt bogenförmig ausgeführt. Altar und Kanzel sind Stiftungen Kronberger Familien und tragen deren Wappen. Die Ausmalung von Gewölbe und Kirchenraum mit Jugendstilelementen wurde von dem Frankfurter Kirchenmaler Rudolf Linnemann entworfen (Entwurf der Innengestaltung).
Die Fenster im Eingang zeigen die vier Evangelisten, die auch die Kanzel zieren. Die Fenster des Schiffes zeigen trinitarische und Symbole Christi. Auf den Fenstern der getäfelten Sakristei sind die Reformatoren Zwingli, Luther und Calvin dargestellt.
Eine grundlegende Umgestaltung erfuhr die Kirche im Jahr 1955, als der Zeitgeschmack nach Bescheidenheit des Ausdrucks verlangte. Die Täfelung, durch Feuchtigkeit beschädigt, wurde entfernt. Die Kaiserloge wurde zum Kirchenraum hin geöffnet und zur Gedenkstätte für die Gefallenen der beiden Weltkriege umgewidmet. Die Ausmalung des Chorraumes wurde reduziert und die Altarretabel abgenommen. Statt ihrer schmückte nun ein schlichtes großes Holzkreuz die Rückwand. Aus dieser Zeit stammt auch das Taufbecken.
In den 70er Jahren wurde ein Aufzug angebaut. Im Jahr 2002 gab man der Kirche durch die Wiedererrichtung der restaurierten Altarretabel mit dem Brütt-Gemälde ihren ursprünglichen Charakter zurück. 2010 konnte der Gemeindesaal dank des großzügigen Vermächtnisses Arno Burckhardts umgestaltet und durch einen modernen Rundbau erweitert werden (Arno-Burckhardt-Saal). Für Entwurf und Ausführung konnte die Kirchengemeinde den Frankfurter Architekten Prof. Christoph Mäckler gewinnen.
1912 |
Grundsteinlegung mit feierlichem Gottesdienst am 27.10.1912 |
1913 |
Glockenweihe mit festlichem Zug durch Falkenstein |
1914 |
Einweihung der evangelischen Kirche Falkenstein |
1942 |
Glockenabnahme am 05.05.1942 |
1955 |
Grundlegende Umgestaltung des Innenraumes |
1979 |
Anbau eines Aufzugs |
2002 |
Wiedererrichtung der restaurierten Altarretabel |
2011 |
Einweihung des Arno-Burckhardt-Saales am 30.01.2011 |
Erbauer der Falkensteiner Kirche (damals sprach man von einer Kapelle) war der Architekt Ludwig Hofmann (1862–1933) aus Herborn, der auch schon die Kirche in Königstein (1886–1888) entworfen und gebaut hatte.
Er, wie auch sein Bruder Karl (1856–1933), war Sohn der Katharine Jakobine und des Damastwebers Philipp Ludwig Hofmann aus Herborn. Beide Brüder haben beachtliche Karrieren gemacht: Ludwig als freischaffender Architekt und Kirchenbaumeister im Konsistorialbezirk Nord- und Süd-Nassau der evangelischen Kirche, Karl als freischaffender Architekt, Stadt- und Dombaumeister in Worms, Professor an der Technischen Hochschule und Ministerialrat in Darmstadt.
Beide müssen talentiert gewesen sein und auch entsprechende Förderung erfahren haben. Ludwig berichtet, dass seine Eltern mit dem Pfarrer und späteren Generalsuperintendenten Karl Ernst befreundet waren, dass ihn dieser konfirmiert und dass ihn dessen Nachfolger in Herborn, Pfr. Heinrich Maurer, getraut habe.
Das Freihand-Zeichnen haben beide bereits als Schüler durch Nachzeichnen von Architektur-Veröffentlichungen und anhand markanter Bauwerke erlernt; an (Bau-) Technik waren beide interessiert, zumal der traditionelle Familienberuf der Weber keine Zukunft mehr hatte.
Zusammen mit seinem Bruder baut Ludwig 1880–1881 die Kapelle in Eschenburg-Wissenbach. Mit 20 Jahren ist er in Herborn selbständiger Architekt. Bereits 1882 entwirft er erste Pläne für eine Kirche in Sinn-Fleisbach, deren Bauarbeiten allerdings erst 1886 beginnen sollten. Begeht man dort am 9. Mai 1887 die Feier der Grundsteinlegung, so folgt dieselbe in Königstein bereits drei Tage später.
Hofmanns Wunschlaufbahn als Kirchenbau-Architekt, die durch die Fürsprache des Freundes der Familie, des Generalsuperintendenten Ernst, wesentlich gefördert wurde, hatte begonnen. Bis zu seinem Todesjahr 1933 plant und baut er 50 Kirchen neu, restauriert mindestens doppelt so viele sowie auch andere Gebäude – darunter hochkarätige Baudenkmäler –, baut Schulen, Bahnhöfe, Krankenhäuser, Wohnhäuser, ja ganze Straßenzüge in Herborn und Worms. Nach dem 1. Weltkrieg entwirft er für 65 Gemeinden Gefallenendenkmale. Im Umkreis von 100 km um Herborn war Hofmann in 550 Orten tätig. Experten sprechen inzwischen von den „Hofmann-Kirchen“.
Der Wert des Hofmannschen Lebenswerkes besteht nicht nur in der Vielzahl seiner Bauten und dem Bau von Prestigeobjekten wie dem Gießener Bahnhof, dem Neubau der Dankeskirche in Bad Nauheim, der Sanierung der Siegener Nikolaikirche oder des Herborner Schlosses; er liegt auch in der flächendeckenden architektonisch und bautechnisch niveauvollen Betreuung eines ganzen Gebietes, das so groß ist wie die Hälfte des Landes Hessen heute. Es wird (im Uhrzeigersinn) umfahren von den Städten Marburg, Gießen, Frankfurt a. M., Worms, Alzey, Koblenz und Siegen. Diesem Gebiet, seiner Heimat, fühlte er sich ganz persönlich als Bürger und Architekt verpflichtet.